Österlenleden SL4

Österlenleden

 

  • Schweden, September 2017
  • Etappen: Ystad – Ales Stenar – Borrby – Simrishamn – Tjörnedala – Haväng – Kuska – Brösarp
  • 115 km

Endlich fällt der Startschuss für das Experiment „Trecking mit Hunden“! Nach Recherche, Packtaschenkauf und reichlichen Überlegungen habe ich beschlossen mit Lia und Dori in Südschweden zu wandern. Falls es nicht gut läuft, hätten wir hier jede Menge Unterkünfte, Geschäfte für Verpflegung und die Anreise ist auch nicht so lang wie in den hohen Norden. Wir wollen auf dem Österlenleden laufen, auch Skåneleden 4 genannt, einem Weg der zuerst entlang Skånes Ostküste führt und sich im Inland wieder nach Ystad schlängelt.

Anreise:

Dori, Lia und ich stehen 5.30 Uhr auf dem Bahnhof Leipzig und warten auf den Zug. Die Reise geht via Hamburg und Kopenhagen nach Malmö und schließlich Ystad. Ich bin sehr gespannt auf die Fahrt: zwei Hunde und ein Monsterrucksack in der deutschen Bahn, das könnte interessant werden. Bis Hamburg läuft es sehr gut, der Zug ist fast leer und wir haben Platz, Lia und Dori nutzen ihn für ein gemütliches Nickerchen.

Beim Umsteigen mit einer Stunde Aufenthalt sieht die Sache leider schon anders aus. Grün ist hier am Hamburger Bahnhof Mangelware, es ist kein Fleckchen Rasen zu finden, dafür ist es fast unerträglich laut, heiß und alles rasend schnell. Der nächste Zug ist dann hoffnungslos überfüllt, und da man für Hunde zwar bezahlt aber keinen Platz reservieren kann, landen wir im Gang. Doch Glück im Unglück, es winkt ein kuscheliges Gepäckfach in der Wand. Hundedecke hinein und die Hunde hinterher, perfekt. Jetzt haben die Beiden es wenigstens ruhig, zumal der Zug noch so voll wird das ich die Stunden bis Kopenhagen stehe, mitten in eine Schulklasse gezwängt. Jeder der mich kennt, weiß was das für meine Nerven bedeutet.

Dori & Lia im Zug

Eine kleine Abwechslung gibt es allerdings noch: In Puttgarden fährt der Zug auf die Fähre und wir können aussteigen. Es folgt eine Stunde Überfahrt an frischer Seeluft mit Möwen und Meer, wunderbar! Beim Umstieg in Kopenhagen gibt es sogar Rasen, den Lia auch sofort für eine Pinkelpause nutzt, Dori hingegen gefällt hierfür ein Koffer besser. Die Besitzerin nimmt es mit Humor. Dori ist eben sogar beim Pinkeln niedlich. Das letzte Stück Fahrt ist wieder entspannt, aber ich bin trotzdem froh als wir in Ystad ankommen. Jetzt sind wir das erste Mal zu dritt in Schweden!

Für die nächsten zwei Tage habe ich eine kleine Hütte auf einem Campingplatz gemietet, zum Ankommen, Runterkommen, Seeluft schnuppern, Möwen erschrecken und Stadt beäugen. Von hier sind es nur 200m bis zum Strand, und wir lassen es uns richtig gut gehen.

Etappe 1:

Tourstart! Es sieht nach einem sonnigen Tag aus und die Vorfreude ist übergroß. Während ich alles verpacke und die Hütte putze, freunden sich Lia und Dori mit unserer Hütten-Nachbarin an. Sie schenkt ihnen einen Plüschbären als Spielzeug, das ist lieb, aber jetzt darf ich dieses Ding auch noch mitschleppen. Und der Rucksack ist diesmal wirklich ein Monster. Futter und Equippment für die Hunde haben es in sich. Da muss ich noch lernen, wie man Gewicht sparen könnte, aber leicht kann ja jeder *hust*.

Die Markierungen für den SL 4 führt uns zuerst auf einem Strandweg entlang, in lichtem Kiefernwald, immer mit Blick aufs Meer. Ab Nybrostrand laufen wir direkt am Strand, im weichen Sand. Ganz schön anstrengend mit dem Rucksack. Aber der herrliche Blick und die Wellen entschädigen für so einiges. Die Kilometer zerrinnen praktisch im Sand. Nach einem Stück an der Straße machen wir Mittagspause und lernen dabei ein Paar aus Maine/USA kennen. Sie laufen ebenfalls den Österlenleden, bis Kivik. Die Beiden, und vor allem ihre Sandwiches, freunden sich gleich mit den Hunden an. Wir ahnen noch nicht, was für ein Glück diese Begegnung ist.

Der Weg am Nachmittag führt uns über Weiden auf einer Steilküste entlang, bis Ales Stenar, unserem Tagesziel. Aber von diesem trennen uns noch gefühlte 100 Weidezäune, die es auf teilweise wackeligen Holzleitern zu überwinden gilt. Rucksack darüber heben, dann nacheinander die Hunde und auf zum nächsten Zaun. Das gleiche Spiel von vorn. Doch es dauert nicht lang, und wir bekommen Hilfe. Das Paar aus Maine hat uns eingeholt und hebt mir jetzt die Hunde über den Zaun. Ich muss sie nur noch entgegen nehmen. Dori findets klasse, Lia schaut etwas besorgt, macht aber gut mit. Auf den Weiden werden wir von neugierigen Schafen begleitet. Der letzte Übergang hat dann sogar eine Hundeklappe, wie praktisch. Es waren übrigens auch nur 8, keine 100 Stück. Aber gefühlt…gefühlt…!

Bei Ales Stenar, einer alten Steinsetzung und unserem Ziel, finden wir schnell einen geeigneten Platz für unser Zelt. Am Fuß der Steilküste liegt Kåsaberga, ein gemütliches Fischerdorf, hier besorgen wir uns noch Wasser und dann heißt es: Essenszeit! Ich denke das haben wir uns heute nach 7 Stunden laufen verdient. Zum Ausklang des Tages bekommen wir noch einen fantastischen Sonnenuntergang zu sehen. Der Himmel brennt förmlich, bis die Sonne im Meer versinkt. Danach lege ich mich in meinen Schlafsack, Dori krabbelt zu meinen Füßen und Lia macht es sich im kleinen Hundeschlafsack gemütlich.

Etappe 2:

Guten Morgen! Die Nacht war etwas unruhig, da es recht stürmisch war, aber von ein bisschen Müdigkeit lassen wir uns den neuen Tag nicht verderben. Ruckzuck ist alles eingepackt und wir gehen in den Hafen von Kåsaberga, um zu frühstücken. Eine gemütliche Bank ist schnell gefunden, die Hunde bekommen einen Snack und ich lasse es mir bei selbstgekochtem Kaffee, Knäckebrot und Datteln gut gehen. Mit Meerblick vertsteht sich. Heute ist es kühler als am Vortag und es weht eine frische Briese. Zum Wandern jedoch perfekt. Auf gehts, das heutige Ziel heißt Borrby. Hier liegt laut Karte eine Vindskyd am Strand, in der wir übernachten wollen.

Zunächst geht es bis Löderup am Steinstrand entlang, an dem sich die Hunde erst einmal richtig austoben. Dann durchqueren wir ein kleines Naturschutzgebiet bei Backåra, mit wunderschöner Heide und lichtem Kiefernwald. Zurück am Strand machen wir eine Mittagspause, und warten dabei auch gleich einen kurzen Regenschauer ab. Von hier sind es nur noch 6 km für heute, und diese verlaufen komplett am Strand. Ein herrlicher Sandstrand, fast weiß, und eine schöne Dünenlandschaft.

An der Vindskyd in Borrby angekommen, baue ich mein Zelt auf um Nachts den Mücken zu entgehen. Lia kuschelt sich sofort in den Schlafsack und die Äuglein fallen zu. Die kleine Dori kuschelt sich lieber neben mich auf die Bank, während ich esse. Etwas erschöpft, aber glücklich wirken die beiden.

Etappe 3:

Für heute habe ich Brantevik als Ziel ausgesucht, und möchte gern ein Zimmer mieten. Da es die letzten zwei Tage heiß war wäre eine Dusche schön, mal etwas anderes als Salzwasser zum Waschen. Doch zuerst führt unser Weg über kleine Seitengassen und am Strand entlang nach Skillinge in den Supermarkt, Frühstück kaufen! Das lassen wir uns direkt davor auf der Bank schmecken. Wir werden permanet angesprochen, wo es hingeht und wie niedlich die Hunde sind, vor allem Lias Packtasche bietet scheinbar Gesprächsstoff.

Ab Skillinge läuft der Österlenleden bis Brantevik fast nur noch an der Straße entlang. Das zieht sich endlos! Einfach nur Kilometer abreißen. Nur die ein oder andere Brombeerhecke bietet süße Abwechslung. Später erfahre ich von einem Pfad direkt an der Küste, dieses Detail hat meine Karte aber leider nicht verraten.

In Brantevik ist leider alles geschlossen…Café, Bed & Breakfast…nichts zu machen. Ich beschließe noch 5 km weiter nach Simrishamn zu gehen. Der Gedanke an ein Bett und eine Dusche ist zu verlockend als jetzt das Zelt auszupacken. Aber der lange Abschnitt an der Straße hat ganz schön gezehrt, Lia trottet nur noch neben mir her, hält sich jedoch tapfer. Ich sehe glaube nicht besser aus. Nur Dori ist eben Dori und freut sich immer noch über alles und jeden am Wegesrand. Im Ort haben wir Glück, es gibt ein freies Zimmer in dem Hunde erlaubt sind, wenn auch zu einem stolzen Preis.

Etappe 4:

Heute haben wir nur einen kurzen Weg vor uns, bis zur Vindskyd in Tjörnedala. Lia wird es freuen. Wir laufen vor allem am Strand und auf kleinen Seitenwegen, es ist wunderbar im Vergleich zur Straße gestern. Immer wieder legen wir Pausen ein, erkunden die Felsen im Wasser und lassen die Seele baumeln. Die Vindskyd liegt auf einem kleinen, bewaldeten Hügel, umgeben von einer Rinderweide. Ab und an kommen die Kühe an den Zaun und beobachten uns, zu meiner Freude und Lias Schrecken. Die gehörnten Vierbeiner sind nicht so ihr Fall. Ein Stück entfernt von der Vindskyd gibt es sogar extra ein Häuschen mit Wasserstelle und Toilette. Welch ein Luxus für den Wanderer!

Gegen Abend fängt es beträchtlich an zu regnen. Wir kuscheln uns in eine Ecke in der Schutzhütte, ich lese noch sehr lange, während die Hunde gemütlich schlafen. In der Nacht wird aus dem Regen ein Unwetter, leider nicht das letzte für diese Reise. Das Meer tost laut, der Wind heult und ständig fallen Äste aufs Dach. Es regnet bis zur Hälfte in die nach vorn offene Schutzhütte herein. An Schlaf ist heute kaum zu denken.

Etappe 5:

Der nächste Morgen bringt nichts Neues, der Regen hält an. Zum Glück lässt sich in der Vindskyd alles gut und trocken verpacken, viel besser als im Zelt. Aufgrund der miesen Wettervorhersage hatte ich gestern noch 2 Übernachtungen im STF Wandererheim Haväng gebucht. Bis dort sind es nur 18 km. Mit Aussicht auf trockene, warme Unterkunft freut man sich selbst bei Regen zu laufen. Ich ziehe den Hunden ihre Regencapes an, und sie verwandeln sich schlagartig in kleine Clowns. Das kommt davon wenn man das Regencape selbst aus einer knallbunten Kinderjacke näht. Leider wollen sie partout die trockene Hütte nicht verlassen, vielleicht ist ihnen aber auch ihr Aussehen peinlich.

Bis Vik ist der Weg wunderschön, danach heißt es erst einmal wieder Straße und Kilometer abstottern. Endlich gelangen wir an den Eingang des „Stenshuvud Nationalpark“, ein absolutes Highlight der Tour. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn es wird auch der höchste Punkt der Tour mit fantastischer Aussicht: 97 müM. Ich kann sehr weit die Küstenlinie – und somit der Strecke unserer letzten Tage – entlang sehen. Der Österlenleden schlängelt sich hier gemütlich durch die Landschaft, über Wiesen und durch Buchenwald.

Am Ausgang des Nationalparks wartet „Kiviks Applemusteri“ auf uns. Verdammt leckerer Saft wird hier gepresst, den ich in den nächsten Tagen immer wieder genießen kann. Wir durchqueren noch Kivik, die Apfelstadt, und gelangen nach weiteren 5 km Strand und Kiefernwald nach Haväng mit dem STF Wandererheim.

Dieser Ort könnte nicht schöner sein! Ein alter, redgedeckter Vierseitenhof nur 200 Meter vom Meer entfernt. Wir fühlen uns sofort wohl und bekommen zur Krönung auch noch ein kleines, gemütliches Zimmer mit Gartenblick.

Hier verbringen wir die nächsten zwei Tage, mit köstlichem Frühstück und in freundlicher Gesellschaft. Besonders die Herbergseltern Leif & Christel bleiben mir in Erinnerung.

Langweilig wird uns auch nicht, es gibt allerhand zu entdecken am Strand und im Hinterland. Hügelgräber, ein kleines Museum und der Backaleden nach Brösarp sorgen dafür, das die Zeit schnell vergeht.

Etappe 6:

Heute verabschieden wir uns nicht nur von Haväng, sondern auch vom Meer. Ab hier schwenkt der Österlenleden ins Innland. Noch einmal kommen wir in Brösarp vorbei, ich kaufe noch Hundefutter für die nächsten Tage. Damit der Rucksack ja nicht zu leicht wird!  Mir selbst gönne ich eine Cardamombulle, das leckerste Gebäck der Welt!!! Na ja, eigentlich sogar zwei, eine gleich und eine für später.

Nun wollen wir über Väntalängen und Alunbruket nach Kuska laufen, einem weiterem STF Wandererheim. Die Strecke führt uns vor allem durch Buchenwald, tiefgrün bemoost, und über Weiden. Diesmal gibt es keine Weideübergänge zu erklimmen, dafür findet sich aber ein Durchgang der besonderen Art: Nur für Steckendürre! Mit Rucksack nicht zu machen, also hieve ich ihn über den Zaun und lasse ihn einfach auf die andere Seite fallen. Selbst jetzt passe ich gerade so durch das Tor. Vielleicht weiden ja hier besonders dünne Rinder.

Wir sind in Alunbruket, einer alten Abraumstelle für Alaun. Hier trifft der Österlenleden auch auf einen weiteren Skånewanderweg, den „Ås to Åsleden“. Weiter geht es auf einem Forstweg in dichten Wald, jetzt sind es nur noch 3 km bis zum Tagesziel. Doch es zieht sich. Kuskahusen hat ein großes Haupthaus, ein Wohnhaus und eine kleinere Hütte, auf einer schönen Lichtung im Wald. Die Hütte soll unser gemütliches Zuhause werden. Sie ist hell und sehr schick eingerichtet, und wir haben sie ganz für uns allein. Da wir drei dank Regen und Matsch wie nach einem Schlammbad aussehen, wird die Dusche erstmal ausgiebig genutzt. Wir wollen ja nicht alles ruinieren in der hübschen Hütte.

Da in den Nachrichten Sturmwarnung gegeben wird, bleiben wir länger hier, jetzt im Wald zu zelten ist mir zu gefährlich. Der Wind tobt in Orkanstärke in den nächsten Tagen. Kleine Tagesausflüge und Erkundungen machen wir trotzdem, und entdecken dabei viele Tiere: Rehe, Kaninchen, ein Fuchs bei der Jagd und Hirschkühe auf der Lichtung. Besonders Lia und Dori sind von den vielen Fährten begeistert. In der Dämmerung findet ein faszinierendes Spektakel statt: Hirschbrunft! Das Röhren der Hirsche hallt durch die Dämmerung, ich hätte nie gedacht, dass es so laut ist!

Etappe 7:

Durch die vielen ungeplanten Pausentage schaffen wir es nicht, den Österlenleden wieder in Ystad zu beenden. Ich beschließe nach Brösap zurück zu laufen, über eine alternative Strecke, und von hier den Bus zu nehmen. Unser letzter Wandertag findet zwar im Regen statt, dafür ist der Sturm aber vorrüber. Im Wald sieht es verheerend aus.

In Brösarp angekommen, wollen wir im dortigen Hotel übernachten. Ich versuche Lia und Dori noch in einer großen Pfütze sauber zu bekommen, davon sind sie aber wenig begeistert, verständlicherweise. Die Rezeptionistin nimmt uns drei Dreckspatzen mit Humor, wahrscheinlich sind wir nicht die Ersten, die so verschlammt ankommen. Wir lassen den Tag gemütlich ausklingen. Warm, trocken und mit Pizza und Bier!

Rückreise:

Mit dem Bus geht es nach Ystad, und wir verabschieden uns von Schweden. Von hier bringt uns der Zug nach Kopenhagen. Nach mehreren Tagen Wandern in ruhiger Umgebung stresst die Großstadt ungemein. Gut, das es nur für eine Nacht ist. Am nächsten Tag folgt wieder eine interessante, sehr sehr lange Fahrt nach Hause.

Diese erste Wanderreise mit meinen Hunden Lia und Dori war eine schöne und lehrreiche Erfahrung. Wunderbare Lia und Dori, sie haben alles so gut mit gemacht und waren meistens quitschvergnügt dabei. Ich denke, wir sind nun gemeinsam bereit für den hohen Norden!